Vernetzung linke Parteiopposition – Bericht von der Zoomkonferenz am 18.12.2022

Ein Anfang ist gemacht. Am 18.12.2022 trafen sich zwischen 350 und 400 Genossinnen und Genossen vom linken Flügel der Partei in einer bundesweiten Zoomkonferenz, um die Entwicklungen in der Partei Die Linke einzuschätzen, aber auch über Perspektiven und Alternativen nachzudenken.

In den einleitenden Referaten von Personen aus dem Karl-Liebknecht Kreis Sachsen, der Sozialistischen Linken und weiteren Zusammenhängen, wurde zunächst der innerparteiliche Zustand der LINKEN analysiert, wo immer stärker versucht werde linke, antikapitalistische Klassenpositionen und klare antiimperialistische Positionen im Friedenskampf an den Rand zu drücken, ja diese sogar auszugrenzen. Erinnert wurde gleichzeitig schon im ersten Referat daran, wie Luxemburg und Liebknecht in einer vergleichbaren Situation mit derartigen Umständen umgingen, also indem sie effektive politische und organisatorische Netzwerke neu entwickelten.

Die Partei werde dominiert von einem Bündnis aus Regierungs- und Bewegungslinken, der Erfurter Parteitag sei diesbezüglich eine Zäsur gewesen. Nicht nur Wagenknecht, sondern auch marxistische, sozialistische Positionen, überhaupt alles, was in Richtung klarer Friedenspositionen und der Betonung gemeinsamer Klasseninteressen geht, werde zunehmend ausgegrenzt. Damit aber habe sich die Partei von der notwendigen Einheit von Klassen- und Friedenspolitik verabschiedet und sei eine qualitativ andere geworden. Die Leipziger Erklärung bedeute indes nichts weiter als ein „weiter so“. Sie schaffe weder gesellschaftspolitisch noch organisatorisch eine Perspektive. Vorgeschlagen wurde daher eine Doppelstrategie, ein Stufenplan, der strategische Felder des linken Flügels benennt und sich zugleich auf der Handlungsebene in einer Belebung von eigenen politischen Aktionen spiegelt, die Waffenlieferungen, Kriegs- und Aufrüstungskurs, den Wirtschaftskrieg und den sozialen Kahlschlag in eine Beziehung setzen. Ausdrücklich erwähnt wurde in diesem Zusammenhang der am letzten Wochenende stattgefundene Kassler Friedensratschlag, der diesbezüglich ebenfalls neue Akzente benenne.

Die Entfaltung von sozialpolitischer Gegenwehr ohne zugleich die Friedensfrage mit einzubeziehen, sei nicht möglich, so auch der Tenor des 2. Referenten. In einem dritten Beitrag wurde dazu noch angemahnt, die vorhandenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung einer eigenen Strategie der Parteilinken genauer zu analysieren, denn auch bisherige linke Projekte seien niemals nur als Kopfgeburt, sondern immer auch in einer Beziehung zu solchen gesellschaftspolitischen Krisen, außerparlamentarischen Bewegungen etc. pp. möglich gewesen. Für ein möglicherweise neues politisches Projekt käme es zudem darauf an gemeinsame (!) Klassenpositionen in den Vordergrund zu rücken, sich also einerseits gegen Verengungen zu wehren, zugleich aber auch übertriebenen Vorstellungen – etwa in identitätspolitischen Fragen – eine Absage zu erteilen.

Die Spaltung der LINKEN seit real, so der Tenor in über 40 Diskussionsbeiträgen aus allen Bundesländern. Gleichzeitig wurde von den meisten aber betont, dass es keine politische Strategie abbilde, jetzt einfach auszutreten. Zunächst käme es darauf an eine organisatorische und politische Vernetzung der Parteiopposition zu realisieren, und wozu es gehöre sowohl auf regionaler Ebene, wie auch bundesweit, die Debatte in Kongressen fortzuführen. Thematisch dürfe es dabei nicht nur um die LINKE gehen, sondern vor allem um die Analyse der gesellschaftlich gegebenen Situation. Daraus müsse sich dann ein gemeinsamer Fahrplan für eigene Aktivitäten und organisatorische Perspektiven ableiten.

In die Richtung gingen auch die beiden Hamburger Diskussionsbeiträge, die ebenfalls forderten so zu handeln, wie es Luxemburg und Liebknecht in einer vergleichbaren Situation taten: der Mehrheit in der Partei auf Schritt und Tritt in ihren politisch unzureichenden Haltungen, nicht nur in der Friedensfrage, deutlich zu widersprechen, gleichzeitig eigene Organisations- und Vernetzungsstrukturen zu stärken, die auch über die Partei hinausgehen, drittens alle Kraft in die Entfaltung von Antikriegsbewegungen und sozialer Gegenwehr auf der Straße zu stecken, also begleitend zur Vertiefung der analytischen Debatte, eigene politische Handlungsfelder noch deutlicher zu besetzen.

Die Debatte soll sich Mitte Februar fortsetzen.

[Bericht: Andreas Grünwald]